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Aktfotografie: Schön oder Schande?

Familien-Aktfoto | © panthermedia.net / Christoph Hähnel

Aktfotografie: Schön oder Schande?

Sie darf in keiner Sedcard fehlen, löst Erregung und Beschämung aus und hat ein eher zwielichtiges Ansehen: Die Nacktaufnahme. Doch gerade weil sie teils widersprüchliche Emotionen hervorruft, haben Bild und Fotograf so viel Macht. Wir räumen mit dem Schmuddel-Image auf und zeigen Aktfotografie als hohe Kunst im Wandel der Zeit.

Entblößung mit Stil: Die Geschichte des Aktes

Mit Aktfotografie werden künstlerische Aufnahmen vom menschlichen Körper vollkommen nackt (=Vollakt) oder nur leicht bekleidet (=Halbakt) bezeichnet. Obwohl die Bilder oft als unzüchtig abgetan werden, haben sie eine lange Tradition in der bildenden Kunst. Akte wurden schon in früheren Hochkulturen als Gemälde festgehalten, die griechischen Aktstatuen sind weltberühmt. Mit der Erfindung der Fotokamera erlebte die Aktfotografie eine Renaissance, Menschen konnten mit der neuen Technik in verletzlichen Posen „erwischt“ werden. Die Nacktaufnahmen Durieus zu Beginn des 19. Jahrhunderts brachten den harmonischen Übergang von der Nacktmalerei zur kunstvollen Fotografie des Aktes.

Meister der Aktfotografie: Zwischen Genie und Wahnsinn

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Helmut Newton war der wohl bekannteste Aktfotograf der Welt. Der Australier deutsch-jüdischer Herkunft hatte die ganz Großen vor der Kamera: Monica Bellucci, Naomi Campbell, Madonna und Carla Bruni sind nur die Spitze des Eisberges. Kein zweiter Fotograf schaffte es, die Prominenz derart offen und ungezügelt abzulichten. Newton sorgte mit seinen teils ironischen, teils provokanten Aufnahmen für großes Aufsehen. Er bewies, dass der nackte Körper in Verbindung mit Humor und politischem Sarkasmus eine der stärksten Formen des künstlerischen Ausdrucks sein kann. 

Spencer Tunick wählt dagegen eine andere Herangehensweise: Nicht das Individuum, sondern die Macht der Verbindung vieler nackter menschlicher Körper mit der Architektur der Stadt steht im Mittelpunkt. Bei ihm wird der nackte Körper Teil eines künstlerischen Gemeinschaftsaktes, der mobilisiert und verändert. Im Zentrum: Der Einklang und Gegensatz des Menschen mit der Umgebung. Seine atemberaubenden Inszenierungen gleichen Gemälden, der Akt wird zum Pinselstrich auf der Leinwand der Stadtlandschaft.

Moderne Aktfotografie: Technische Perfektion

Während frühere Nacktaufnahmen mit ihrer Realitätsnähe provozierten und schockierten – siehe diese Bildergalerie zu 150 Jahren Aktfotografie -, hat die moderne Aktfotografie dank neuester Beleuchtungsmethoden, haufenweise Make-up und technisch fortgeschrittener Bildbearbeitungsprogramme den Anspruch auf körperlichen Perfektion: Keine Falten, keine Cellulite, kurz: keine Makel. Moderne Aktfotografen wie Thomas Braun versuchen, den Körper als Kultobjekt und Schönheitsideal zu etablieren. Seine Plattform Nude Art Models sei eine „kleine Insel im Web für die Freunde stilvoller, ästhetischer, anspruchsvoller und auch erotischer Aktfotografie“. Akt steht damit immer mehr für Sex – ein realitätsnahes Porträt des menschlichen Körpers wird immer weniger thematisiert. Bilder werden bis in das kleinste Detail hinein bearbeitet, so dass am Ende ein Ideal vor unseren Augen erscheint.

Gegentrend: Die wunderschönen Ausnahmen

Um der heute häufig porträtierten unerreichbaren Perfektion etwas entgegenzusetzen, haben viele Fotografen das Schöne im Ungewöhnlichen für sich entdeckt. Die Fotografien von Anomalitäten zeigen, dass Schönheit nur eine subjektive Größe ist und in jeder Form und Gestalt des Menschen bei genauerer Betrachtung Anmut zu finden ist. So werden zum Beispiel Kriegsveteranen mit Narben abgelichtet und Brustkrebs vor der Kamera in Form des Aktes thematisiert. Inmitten des Schönheitswahnes und Retuschierens kämpfen Fotografen damit für ein gesünderes und vor allem realistischeres Körperideal.

Egal ob realistisch, verkünstelt, provokativ, abnormal oder idealisiert, der menschliche Körper wird heute wie damals verehrt und zelebriert. Genießen wir also lieber die diversen Darstellungen von nackter Haut, anstatt uns über Grenzüberschreitungen aufzuregen.

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