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Paruresis – die schüchternen Blase

Paruresis – die schüchternen Blase

Laut einer Studie leiden fast 3 Prozent der deutschen Männer unter Paruresis. Unter einer Paruresis (umgangssprachlich auch schüchternen Blase) versteht man eine Blasenentleerungsstörung unterschiedlichen Schweregrades.

Auf gut deutsch, man kann in Gesellschaft und auf fremden Toiletten nicht pinkeln.

Trotz der weiten Verbreitung und des teils großen Leidensdrucks ist der Begriff zumeist nicht einmal den Betroffenen bekannt. Auch gibt es in der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur bis dato kaum Veröffentlichungen zum Thema.

Somit verfügen selbst Ärzte und Psychotherapeuten meist über wenig Informationen. Die Therapie richtet sich nach den Grundsätzen zur Behandlung sozialer Phobien. Allerdings nehmen Männer im Vergleich zu Frauen bei psychischen Problemen generell weniger Hilfe in Anspruch.

Selbsthilfegruppe in Köln gegründet

In Köln wurde eine Selbsthilfegruppe gegründet. Die Qual mit dem Strahl kann aber sehr schmerzhaft sein, erinnert sich ein Betroffener: „Ich erinnere mich an einen Betriebsausflug mit einer Planwagenfahrt. Es gab ein Fässchen Kölsch, das munter geleert wurde. An einer günstigen Stelle sprangen alle Männer vom Wagen und befreiten sich am Straßenrand vom Druck. Nur ich konnte nicht, das ist ärgerlich“.

Schlüsselerlebnis in der Jugend

Paruresis entwickelt sich bei vielen Männern in der Jugend. Auslöser sind oft Schlüsselerlebnisse in der Pubertät. Zum Beispiel Situationen auf dem Schulklo, wo Mitschüler über die Toilettenwände steigen und so die Grenzen der Intimsphäre verletzen.

Das Weltbild eines Paruresispatienten basiert auf der gefühlten Gewissheit, dass ihn andere Menschen auf der Toilette beobachten und bewerten und sich – im Falle des Versagens – über ihn lustig machen. Bei männlichen Patienten ist zu beobachten, dass diese ihre Männlichkeit oft an der Fähigkeit, am Pissoir Wasser lassen zu können festmachen.

Therapie

Therapiert wird oft mit einer Konfrontationstherapie. Die Männer gehen in Begleitung eines Pinkel-Kumpel auf eine öffentliche Toilette. Der Kumpel schüchtert weniger ein als ein Fremder. Er weiss bescheid und hat Verständnis hat, wenn es nicht klappt. Mit der zeit lernt man dann normal zu pinkeln.

Buchtipp:

Psychotherapeut Philipp Hammelstein berichtet in seinem Buch „Lass es laufen! Ein Leitfaden zur Überwindung der Paruresis“ über extreme Fälle, in denen Betroffene ihren Arbeitsplatz so wählten, dass sie jederzeit zu Hause auf Toilette gehen konnten oder gleich ganz von dort arbeiteten. „Solche Menschen verlassen das Haus nur für Stunden“, sagt Hammelstein.

Weblinks:

  • International Paruresis Association internationale Paruresis Gesellschaft
  • Therapieprojekt unter Leitung von Philipp Hammelstein vom Institut für Experimentelle Psychologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • Deutsprachiges Paruresis Forum – Absolut empfehlenswert. Direkter Erfahrungsaustausch mit Betroffenen. Achtung: Wie bei jeden Internet-Forum sollten Sie niemals Ihre Identität öffentlich preisgeben. Das Forum ist Teil der European Paruresis Association Webpage

Bild: Wikipedia /Apostoloff

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