Patienten zur Teilnahme eingeladen
Ein neuer Medikamenten-Typ für die Behandlung des hormonresistenten Prostatakarzinoms wird derzeit von der Arbeitsgruppe Urologische Tumore an der 1. Medizinischen Abteilung des Wiener AKH untersucht.
Im Rahmen einer klinischen Studie wird die derzeit übliche Chemotherapie mit einem neuen Wirkstoff kombiniert.
Dieser kann das patienteneigene Immunsystem gegen das Prostatakarzinom richten. Insgesamt wird der Wirkstoff an vier Studienzentren in Österreich getestet und Patienten sind zur Teilnahme eingeladen.
Interessenten wird die Kontaktaufnahme mit dem Koordinationsbüro (Medizinische Universität Wien, Frau Dagmar Liebhart, T 40400 – 7572) zur Klärung ihrer Eignung für die Studienteilnahme empfohlen.
Immunmodulatorische Substanzen sind eine Substanzklasse, die bei der Behandlung von Entzündungen und Auto-Immunkrankheiten Wirkung zeigt. Auch für die Behandlung bestimmter Krebserkrankungen bieten immunmodulatorische Substanzen vielversprechende Wirkungen. So wurde ein vom US-amerikanischen Unternehmen Celgene entwickelter Wirkstoff bereits im Jahr 2007 in der EU zur Behandlung von Knochenmark-Krebs (Multiples Myelom) zugelassen.
Auch bei der Behandlung von hormonresistentem Prostatakrebs haben erste klinische Studien Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit dieser Substanzklasse geliefert. Jetzt wird im Rahmen einer klinischen Studie der Phase III in der Arbeitsgruppe Urologische Tumore am AKH Wien die Wirksamkeit der Kombination einer bestimmten immunmodulatorischen Substanz mit dem derzeit üblichen Chemotherapeutikum (Docetaxel, Prednisone) untersucht.
Tatsächlich sind die bekannten Wirkungen der immunmodulatorischen Substanzen sehr vielfältig. Sie können u. a. natürliche Killerzellen gegen Tumore aktivieren und wirken auch hemmend auf die Entstehung von Blutgefäßen in Tumoren. Diese benötigen die Tumore spätestens dann zur Versorgung mit Nähr- und Sauerstoff, wenn sie an Größe zunehmen.
Zum Wirkmechanismus der immunmodulatorischen Substanzen meint der Leiter der Arbeitsgruppe, Prof. Michael Krainer: „Sie wirken auf ganz andere Weise als das etablierte Chemotherapeutikum Docetaxcel. Die gemeinsame Anwendung beider Mittel könnte einen Tumor also von zwei Seiten gleichzeitig angreifen. Genau das untersuchen wir in der laufenden klinischen Studie der Phase III, also der abschließenden Phase vor einer möglichen Zulassung des Therapeutikums.“
Sollten sich die Wirksamkeit der Medikamenten-Kombination bestätigen, die sich in vorhergehenden Studien gezeigten haben, so könnte in Zukunft auch die zur Behandlung notwendige Dosis an Docetaxel reduziert werden. Unvermeidliche Nebenwirkungen könnten dann vermindert und die Lebensqualität der Patienten erhöht werden. Insgesamt werden weltweit über 1000 Patienten in diese Studie aufgenommen. Dass Österreich mit gleich vier Zentren einen bedeutenden Beitrag zum Erfolg der Studie leisten wird, hängt auch mit der langjährigen Erfahrung zusammen, die am Wiener AKH mit dieser Substanzklasse aufgebaut wurde. Neben der dortigen Arbeitsgruppe Urologische Tumore sind in Österreich drei weitere klinische Zentren an dieser Studie beteiligt und stehen für Teilnehmer offen: ein zweites Zentrum in Wien (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder) und auch je ein Zentrum in Salzburg und Graz.
Prof. Krainer würdigt besonders die zunehmende Zusammenarbeit von Onkologen und Urologen bei dem Engagement um modernste Therapie-Optionen in Österreich: „Unsere Anstrengungen bei der Forschung und Entwicklung neuester Therapie-Möglichkeiten tragen regelmäßig Früchte.
Nur ein intensiver und regelmäßiger Austausch zwischen den an der Behandlung des Prostatakarzinoms beteiligten Fachrichtungen kann für den Patienten die jeweils geeignete Therapieform sicherstellen. Die derzeit laufende klinische Studie mit einer immunmodulatorischen Substanz ist ein gutes Beispiel für eine solche Kooperation.“
Über Prostatakrebs:
Prostatakrebs ist weltweit die dritthäufigste Krebsart und unter Männern weltweit die sechsthäufigste Todesursache aller Krebsarten. Jedes Jahr wird bei 670.000 Männern Prostatakrebs diagnostiziert. Die höchsten Raten gibt es in West- und Nordeuropa, den USA, Australien und Neuseeland. In Europa, wo derzeit mehr als 2 Mio. Männer mit Prostatakrebs leben, ist dieser Krebs eine der häufigsten Krebsarten bei Männern. In den 25 Mitgliedstaaten der EU wurde im Jahr 2006 bei 301.500 Männern Prostatakrebs diagnostiziert1. Für zahlreiche Länder wurden in den letzten Jahren substanzielle Anstiege bei Prostatakrebsfällen verzeichnet. Patienten mit hormon-resistentem Prostatakrebs benötigen zusätzliche Behandlungsoptionen.
1 Ferlay, J., et al., Estimates of the cancer incidence and mortality in Europe in 2006 Ann Onc 2007; 18(3): 581-92
Medizinischer Kontakt:
Prof. Dr. Michael Krainer
Medizinische Universität Wien
1090 Wien
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