Rund 2% der Bevölkerung in Deutschland lebt vegan und die Anzahl steigt von Jahr zu Jahr. Laut einer Studie gaben ca. 78% der befragten Veganerinnen und Veganer bei der Frage nach den Beweggründen ihrer Ernährungsweise an, dass sie sich vegan ernährten um gesünder zu leben. Doch ist die vegane Ernährung wirklich so viel gesünder? Schließlich hört man immer wieder von einer sogenannten Mangelernährung, die nur durch zugesetzte Nährstoffe funktioniert. Wer sich vegan ernährt, der muss sich einiges an blöden Sprüchen und abwertenden Kommentaren anhören. Wir räumen im Folgenden mit den Vorurteilen rund um das „Kaninchenfutter“ auf und stellen die Vor- und Nachteile gegenüber.
Inhalt
Vegane Ernährung zu Rettung der Welt?
Forscher der renommierten Oxford University fanden in einer Studie heraus, dass sich die globalen Treibhausgase, die für den weltweiten Klimawandel verantwortlich sind, signifikant reduzieren ließen, wenn sich alle Menschen fleischfrei oder sogar vegan ernähren würden. Nicht selten wird die vegane Ernährung als die Lösung zur Rettung der Welt angepriesen. Doch hat eine simple Ernährungsumstellung wirklich so viel Macht? Die Landwirtschaft, insbesondere die Tierhaltung, verursachte laut einer weiteren Studie 2021 mehr Treibhausgase als der gesamte Verkehrssektor. Diese Abgase entstehen durch die natürlichen Verdauungsprozesse der Tiere (besonders die Rinder-Haltung ist problematisch) und durch das Abholzen der Regenwälder für Weidefläche und Futteranbau.
Vegan spart Wasser
Zudem verbraucht die Fleischherstellung Unmengen an Wasser. Ein Beispiel: Karotten, Kartoffeln und grüner Salat benötigen unter 250 L Wasser vom Anbau bis in den Supermarkt. Die zehn Lebensmittel mit dem geringsten Wasserverbrauch sind allesamt verschiedene Obst- und Gemüsesorten. 250 L Wasser für ein Kilogramm Gemüse klingt erst einmal gar nicht so wenig? Schaut man sich den Wasserverbrauch für ein Stück Fleisch an, wird man schnell eines besseren belehrt. Der liegt bei Rindfleisch nämlich bei sage und schreibe 15.490 L.
Veränderung bewirken
Mal abgesehen vom Tierwohl, dem wohl naheliegendsten Vorteil einer rein pflanzlichen Ernährung, hat die Art und Weise wie wir uns ernähren also einen großen Einfluss auf unsere Umwelt. Weniger Fleischkonsum bedeutet eine geringere Nachfrage, somit könnte die Fleischproduktion und auch die Treibhausgas-Emissionen gesenkt werden. Veganismus ist vielleicht nicht das Allheilmittel im Kampf gegen den Klimawandel und den Welthunger, aber zumindest schon mal ein guter Anfang und eine Möglichkeit, wie ihr als Einzelperson etwas tun könnt, um eine Veränderung zu bewirken.
Ist eine vegane Ernährung wirklich gesünder?
Fleisch kann krank machen. Dass ein zu hoher Fleischkonsum schlecht für die Gesundheit ist, wissen wir schon lange. Durch einen erhöhten Blutdruck und Cholesterinspiegel steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer viel Fleisch isst, setzt sich zudem einem höheren Risiko aus, an bestimmten Krebsarten wie beispielsweise Darmkrebs zu erkranken, die mit einem großen Fleischkonsum in Verbindung gebracht werden. Auch die Gefahr an Diabetes zu erkranken sinkt, wenn man weniger oder gar kein Fleisch mehr zu sich nimmt.
Eine vegetarische Ernährung ohne Fleisch ist also in vielerlei Hinsicht gesünder, das ist klar. Der Verzehr von vollwertigen Getreideprodukten, Obst und Gemüse bringt einige Vorteile mit sich und kann die oben genannten Krankheiten verhindern. Ein weiterer Fakt, der für eine drastische Reduktion des Fleischkonsums spricht ist der, dass es durch eine erhöhte Antibiotika-Gabe bei billigem Fleisch zu Antibiotika-Resistenzen kommen kann. Dadurch kann selbst ein kleiner Infekt, der normalerweise leicht zu behandeln wäre, potentiell gefährlich werden.
Ist Vegan gesünder als Vegetarisch?
Aber leben Veganer tatsächlich nochmal gesünder als Vegetarier? Dieser Fakt ist bei Experten nach wie vor umstritten. Verschiedene Studien stellen Behauptungen für beide Modelle auf. Fakt ist aber, dass auch für die vegetarische Ernährung mit tierischen Milchprodukten und Eiern, insofern man konventionelle Produkte aus nicht biologischer und nicht tierfreundlicher Landwirtschaft kauft, weiterhin Tiere in Massentierhaltung gequält werden.
Vegane Ernährung = Mangelernährung?
Wenn es um eine Ernährung frei von tierischen Produkten geht, ist oft die Sprache von einer Mangelernährung, die auf Dauer alles andere als gesund für den Körper sein soll. Aber was ist eine Mangelernährung eigentlich genau? Von einer Mangelernährung spricht man, wenn dem Körper wichtige Nährstoffe fehlen, die über die tägliche Nahrung nicht aufgenommen werden. Durch eine rein pflanzliche Ernährung lassen sich tatsächlich nicht alle wichtigen Vitamine aufnehmen. So zum Beispiel das Vitamin B12. Es kommt besonders viel in Fisch, Rindfleisch und tierischen Milchprodukten vor. Nur wenige pflanzliche Lebensmittel liefern eine natürliche Dosis des wichtigen Vitamins, weshalb es in einer veganen Ernährung häufig fehlt und supplementiert werden muss.
Vitamin B12-Mangel erkennen
Die Gefahr einer Mangelernährung besteht aber tatsächlich nicht nur bei einer veganen Ernährung, die vermeintlichen Nachteile dieser werden oft nur allzu gerne überspitzt dargestellt. Jeder zehnte Mensch in Deutschland leidet unter einem Vitamin B12-Mangel, aber bei weitem ist nicht jeder zehnte Mensch Veganer:In. Wer sich nur wenig mit seiner Ernährung beschäftigt, der weiß oft gar nicht welche wichtigen Vitamine und Mineralstoffe der Körper überhaupt braucht und in welchen Nahrungsmitteln diese zu finden sind. Viele Menschen, die sich vegan ernähren, haben vor der Ernährungsumstellung viel recherchiert, um sich das nötige Know-How anzueignen. Ein Vitamin B12-Mangel sollte durchaus ernst genommen werden, da sonst auf Dauer die Nerven Schaden nehmen könnten. Die am häufigsten vorkommenden Symptome für einen Vitamin B12-Mangel sind unter anderem eine brennende Zunge, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen, Depressionen und Muskelschwäche.
Vitamin B12 supplementieren
Eine Supplementierung des wichtigen Vitamins sollte jedoch nur in Absprache mit einem Arzt oder eine Ärztin geschehen. Nur so kann festgestellt werden, ob ihr tatsächlich an einem Vitamin B12-Mangel leidet und eine ungesunde Überdosis kann verhindert werden. Viele Gegner der veganen Ernährung behaupten mit Stolz ihren Vitaminhaushalt ganz ohne Zusatzstoffe und Supplements im Gleichgewicht halten zu können, allein durch ihren Fleischkonsum. Doch hier kommt das große Aber: Den Futtermitteln für Schweine und Hühner wird ebenfalls B12 zugesetzt. Da kann man sich den Umweg übers Tier auch sparen und das Vitamin direkt selber zu sich nehmen.
„Vegan ist teuer“
Eines der am häufigsten genannten Nachteile einer rein pflanzlichen Ernährung ist der Kostenfaktor: „Vegan ist teuer, sich pflanzlich zu ernähren kann sich nicht jeder leisten, deswegen ist es ein Privileg.“ Das stimmt zum Teil sogar! So frei über seine Ernährung zu entscheiden, was man essen möchte und was nicht, ist tatsächlich ein Privileg. Teuer ist vegan jedoch nur dann, wenn man versucht alle tierischen Produkte mit Ersatzprodukten zu ersetzen. Die Regale im Supermarkt sind inzwischen voll von Milch-, Käse- und Fleischalternativen. Die können und gut gerne aber mal das Doppelte des Preises für ein konventionelles Produkt tierischen Ursprungs kosten.
Grund dafür ist §12 des Umsatzsteuergesetzes. Statt mit 19% werden Grundnahrungsmittel nur mit 7% besteuert. Dazu gehören unter anderem auch Milch, Fleisch, Fisch, Butter, Käse, Quark und rohe Eier. Diese Regelung lässt natürlich jeden Veganer, jede Veganerin und auch viele Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten außen vor. Der Umstieg auf eine vegane Ernährung wird mit den – wenn auch teuren – Ersatzprodukten zwar erleichtert, zwingend notwendig sind sie jedoch nicht. Andere Lebensmittel für eine pflanzliche Ernährung sind dafür sehr günstig. Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte kosten nur einen Bruchteil der tierischen Alternativen und sind auch noch viel gesünder, da es sich dabei nicht um industriell gefertigte Produkte handelt.
Fazit
Der Veganismus hat also viele Vorteile für unsere Gesundheit und Umwelt. Eine vegane Ernährung ist aber natürlich nicht automatisch gesund. Auch Veganerinnen und Veganer können sich Tag und Nacht von Pommes und Tiefkühlpizza ernähren. Um einen ausgewogenen und gesunden Ernährungsplan aufzustellen, solltet ihr euch vorher also mit allen notwendigen Nährstoffen beschäftigen.
Wir wissen, dass eine Ernährungsumstellung schwer ist. Denen, die den Geschmack von Fleisch und Käse mögen, aus Umwelt- oder Klimaschutzgründen aber vegan werden möchten, fällt es besonders schwer. „Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.“ Fangt also erst einmal langsam an und führt rein vegetarische Tage in der Woche ein. Danach reduziert ihr euren Fleischkonsum auf einen Tag in der Woche bevor ihr zum Vollzeitvegetarier werdet. Nun könnt ihr auch mal ein, zwei vegane Gerichte in euer Menü mit aufnehmen und die besten Ersatzprodukte für euch entdecken. Wenn ihr euch Zeit lasst, euch langsam herantastet und natürlich auch mal den ein oder anderen Ausrutscher verzeiht, ist der Umstieg auf eine vegane Ernährung ganz leicht.